Textquelle: Berliner Zeitung vom 02.08.2012
Stählerne Himmelsplattform
Von Katrin Bischoff
Steinitz – 101 Stufen und ein tolles Panorama:
Eine hohe Aussichtsplattform am Tagebau Welzow-Süd soll weitere Touristen in die Lausitz locken. Die 19 Meter hohe Steinitzer Treppe ragt wie der Hals einer Giraffe über die Wipfel der Bäume.
Genau 101 Stufen sind es, die nach oben führen. Es ist eine kleine Tortur an diesem strahlenden Sommertag – bei mehr als 30 Grad. Doch oben, auf der Aussichtsplattform, ist es angenehm windig. Und dann diese wundervolle Aussicht. Der Blick schweift weit über den ungeheuer großen Tagebau Welzow-Süd. Von hier aus sieht die riesige Abraumförderbrücke in dem Tagebauloch geradezu winzig aus. Am Horizont ist das Kraftwerk Schwarze Pumpe zu sehen. Und überall dort, wo kein Tagebau ist, steht Wald. Sehr viel Wald. Seit Donnerstag hat der Steinitzer Kulturpark, der bis 2015 um das Lausitz-Dörfchen bei Drebkau (Spree-Neiße) entsteht, eine weitere Attraktion. Es gibt bereits das Sozial-kulturelle Integrationsprojekt Steinitzhof und eine Feldsteinkirche. Doch alles wird überragt von der Steinitzer Treppe. Die 19 Meter hohe Aussichtsplattform steht am Rande des Tagebaus Welzow-Süd, aus dem jährlich 20 Millionen Tonnen Kohle gefördert werden. Der Energiekonzern Vattenfall hat die stählerne Treppe gebaut, die laut Konzern wie der Hals einer Giraffe über die Wipfel der Bäume ragt. Dabei erinnert die Treppe weniger an eine Giraffe als vielmehr an einen Ausleger einer Förderbrücke. Die Stadt Drebkau, zu der Steinitz gehört, ist nun Eigentümer und mit dem Integrationsprojekt Steinitzhof auch Betreiber der Aussichtsplattform. Wie teuer die Treppe war, will Vattenfall nicht sagen.
„Von hier oben kann man unglaublich weit schauen“, erzählt Bernd Kleinichen, der Projektbetreuer für die touristische Entwicklung des nördlichen Randes des Tagebaus. Auf der einen Seite geht der Blick bis zum Oberlausitzer Bergland, auf der anderen Seite bis in die Calauer Schweiz. „Und bei klarer Sicht ist sogar die riesige Halle von Tropical Islands zu sehen“, sagt Kleinichen. Immerhin ist die 56 Kilometer weit entfernt.
Das Lausitzer Kohlerevier ist ein beliebtes Ausflugsziel. „Es kommen auch viele Besucher in den Steinitz-Hof“, sagt Kleinichen. „Das sind Leute, die Interesse an Kultur und Natur haben, die sich für Geschichte und Technik interessieren.“ Viele wollen auch gern mal von oben auf die aufgerissenen Mondlandschaften der Tagebaue sehen: So kommen jedes Jahr etwa 60.000 Besucher zur größten beweglichen Maschine der Welt: einem Besucherbergwerk namens „F60“ in Lichterfeld: Das ist ein stillgelegter 80 Meter hoher Abraumbagger.
Digitaler Bildschirm geplant
In naher Zukunft soll es für die Besucher auf der Steinitzer Treppe ein sprechendes Fernrohr geben, das dann alle Attraktionen benennt, auf die das Fernrohr gerichtet wird. Bei Schwarze Pumpe etwa wird es sagen, dass der Betrieb 1968 als modernstes Kraftwerk Europas eröffnet wurde. Die Uni in Cottbus entwickelt das Fernrohr, sagt Kleinichen. Es soll auch einen digitalen Bildschirm erhalten, auf dem man etwas über die Attraktionen lesen kann. „Für Gehörlose ist das ganz wichtig“, sagt er.
Acht Minuten dauert der Fußmarsch vom Steinitzhof zur Treppe, die auf dem Gipfel des Rodelberges entstanden ist. Zwei gut ausgeschilderte Wanderwege führen an der neuen Attraktion vorbei. Im Steinitzhof gibt es zwei Ausstellungen: eine über über „Zeugen der Eiszeit“, die andere über die Entwicklung des Bergbaus in Drebkau. Es gibt auch 44 Parkplätze. „Die Infrastruktur wurde mit EU-Mitteln gebaut“, sagt Kleinichen. Vor allem behinderte Menschen finden hier barrierefreien Zugang. Auch zur Steinitzer Treppe. Ein Treppenlift bringt Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderte auf die Plattform. Für den Ausbau des Steinitzhofs und für Wege und Parkplätze gab es 1,44 Millionen Euro vom Infrastrukturministerium.
Für Bernd Kleinichen ist die Arbeit im Kulturpark mit der Eröffnung der Treppe längst nicht beendet. Unter anderem soll noch ein Findlingslabyrinth entstehen. 30.000 Steine liegen dafür bereit. „Mit dem Kulturpark wird auch das Wohnumfeld für die Bewohner des Tagebaurandgebiets attraktiver“, sagt er. „Von der Aussichtsplattform bietet sich jeden Tag ein neuer Blick, denn jeden Tag stehen die Bagger im Tagebau ein wenig anders.“
(Fotograf: Dieter Klante)
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